(Rezension) Jess Kidd: Die Ewigkeit in einem Glas
- agbuerkle
- 17. Juni 2020
- 4 Min. Lesezeit

Liebe Leserinnen, liebe Leser,
ich habe den Beginn des Lockdowns in Spanien – und auch auf der Ferieninsel Mallorca – wegen des Corona-Virus hautnah miterleben müssen. Als Spanien am 15.06.2020 mit der Ausgangssperre begann (die Zahl der Corona-Infizierten hatten sich innerhalb weniger Tage leider verfünffacht), weilte ich im Urlaub auf Mallorca – und musste hier – wie alle Touristen und Reisende in Spanien, die Ausgangssperre befolgen. Man durfte ein bisschen spazieren gehen und konnte der Polizei als Begründung sagen, dass man im Urlaub sei und deswegen Spazierengehen zur Erholung diene.
Einen Tag später – am 16.03.2020 – rief Spanien den Notstand aus. Die Maßnahmen für alle Leute im Land – Bewohner, Touristen, Reisende etc. – wurden also verschärft. Man durfte nur noch zum Supermarkt und in eine Apotheke spazieren. Leute in systemrelevanten Berufen durften natürlich ihre Arbeitsstellen aufsuchen. Wer einen Hund hatte, durfte morgens und abends mit dem Hund jeweils eine halbe Stunde spazieren gehen. Kinder dagegen durften nicht raus. Man sperrte sie ein. Sie mussten zu Hause bleiben mit ihren Eltern. Hier sieht man, was für eine Angst Spanien vor dem Corona-Virus hat und hatte.
Die Polizei kontrollierte ständig die Straßen und jagte Leute vom Strand – wenn diese auf den Strand gehen wollten.
Als Touristen durften wir uns in dem Hotel, in dem wir einen Aufenthalt gebucht hatten, aufhalten. Das Hotel in Platya de Palma, in dem ich war, bot uns einen Hotelgarten, eine Lobby, ein Hotelzimmer mit Fernsehen – sowie Frühstück und Abendessen – an. Ich hatte mir Bücher von zu Hause mitgenommen und las unter anderem den ersten Roman von Jess Kidd „Der Freund der Toten“.
Davon war ich begeistert und griff zu, als ihr Buch „Die Ewigkeit in einem Glas“ zum Ausleihen in unserer Bücherei in meinem Wohnort zur Verfügung stand. Ich habe das Buch gelesen.
Nach Deutschland kehrte ich übrigens am 18.03.2020 mit einem Linienflug von „Eurowings“ zurück. Ich hatte den Flug schon in Deutschland im Reisebüro gebucht. Der Flug fand statt.
Ins Ausland werde ich 2020 nicht mehr reisen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Nun zu meiner Meinung zu dem Buch „Die Ewigkeit in einem Glas“.
Kurze Informationen zu dem Buch „Die Ewigkeit in einem Glas“ von Jess Kidd:
Erschienen in Deutschland am 8. November 2019 als gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag. Das Buch kostet im deutschen Buchhandel 22 Euro. Im November 2020 soll es als Taschenbuch erscheinen.
Verlag: DuMont-Buchverlag
ISBN-Nummer: 978-3832181055
Seitenzahl: 400 Seiten
Über die Autorin Jess Kidd:
Jess Kidd ist eine britische Autorin, die 1973 in London geboren wurde. Sie studierte Literatur an der St. Mary’s University in Twickenham.
Bei DuMont erschienen 2017 ihr Debütroman ›Der Freund der Toten‹, der auf der Krimibestenliste stand, sowie 2018 und 2019 die Romane ›Heilige und andere Tote‹ und ›Die Ewigkeit in einem Glas‹. Die Autorin lebt mit ihrer Tochter in West London.
Leseprobe:
Kostenlose Leseproben dieses Buches finden sich mehrfach im Internet bei diversen Buchhändlern. Auch bei Amazon.de. Einfach auf die Option „Blick ins Buch“ klicken – schon ist es möglich, einige Seiten des Buches kostenlos zu lesen.
Worum geht es in dem Buch?
Bridget Devine – genannt Bridie – ist Witwe und lebt im London des 19. Jahrhunderts. Die Stadt ist düster, der Fluss Themse stinkt.
Bridie ist als Privatdetektivin tätig. Weiterhin untersucht sie Leichen, sie versucht herauszufinden, warum und woran sie starben. Sie soll ein Mädchen finden – Christabel, das entführt wurde und offensichtlich mit seinem Kindermädchen unterwegs ist.
Ihr hilft Ruby, ein Geist, den nur sie sehen kann. Er unterhält sich mit ihr, er hat Ideen, er hilft ihrer Logik auf die Sprünge. Sie finden die Leiche der Kinderfrau des Mädchens.
Ihre Kenntnisse der Pathologie hat sie von einem Chirurgen bekommen, der sie als Kind gekauft hat. Er war gut zu ihr und brachte ihr viel bei. So versuchte sie bereits als Heranwachsende, Fälle zu lösen. Sie wertet Spuren und Gegenstände aus und achtet auf kleine Details, die zur Lösung eines Falles führen können.
Die Suche nach Christabel ist nicht einfach und oft auch gefährlich.
Meine Meinung zu diesem Buch:
Nachdem ich das erste Buch „Der Freund der Toten“ von Jess Kidd gelesen hatte und davon begeistert war, wollte ich ihr neuestes Werk ebenfalls lesen.
Der Roman spielt in London zu einer Zeit, in der man nicht leben möchte. Es gibt dort abscheuliche Dämpfe, üble Gerüche der Brauerei wie fauliges Karamell, Mottenkugeln des billigen Schneiders – die Autorin malt eine dunkle, düstere Atmosphäre mit Worten. Dennoch gefällt mir der Schreibstil der Autorin, Bridie ist eine sympathische Hauptperson. Der Geist Ruby ist nett – und kommt nicht zu oft vor. Bridie findet ihn attraktiv – dennoch kommt es zu keiner Liebesgeschichte zwischen den beiden, was ich gut finde.
Das Buch ist aus der auktorialen Erzählperspektive (also kein Ich-Erzähler) verfasst. Es gibt viele Dialoge. Die Handlung spielt in zwei Zeitebenen. Einmal die Gegenwart – die Zeit also, während der Bridie versucht, Christabel zu finden. Diese Handlung wird im Präsens erzählt. Dann gibt es Rückblenden in die Zeit, als Bridie Kind und Jugendliche war. Diese Ereignisse werden im Präteritum (Vergangenheit) erzählt.
Man will wissen, ob Bridie Christabel finden wird. Spannend ist das Buch nicht – aber interessant durch die mitspielenden Charaktere und das, was sie tun. Verstörende, manchmal eklige Szenen wechseln sich ab mit Ereignissen, die aus einem Märchen stammen könnten – beispielsweise die Ereignisse in einem Zirkus.
Fazit:
Jess Kidd hat einen „anderen Krimi“ geschrieben – einen Krimi, in dem Leute, die irgendwann einmal gelebt haben, als Geist erscheinen und mit lebenden Personen zusammenkommen. Die Handlung spielt im 19. Jahrhundert in einer Umgebung, die düster ist. Auch manche Szenen sind gewöhnungsbedürftig – wenn es beispielsweise um Operationen geht.
Ein Wohlfühlbuch, das man in der Corona-Krise bräuchte, ist „Die Ewigkeit in einem Glas“ nicht. Aber es kann ablenken. Man taucht als Leser ein in eine düstere Welt mit einer Protagonistin, die Pfeife raucht. Wen das nicht stört, der bekommt eine interessante Handlung mit historischer Kulisse.
Ich vergebe vier von fünf Sternen und eine Weiterempfehlung.
Komentar